Die beiden Soldaten teilen sich ein Zimmer. Die Einrichtung ist einfach gehalten: Zwei Einzelbetten mit jeweils einem Nachtschrank und Lampe, ein kleiner Schreibtisch mit Stuhl, zwei Schränke für Habseligkeiten. Seth hat auf seinem Nachttisch ein Bild seiner Eltern und eine Zeichnung von seiner Cousine stehen, Kiran verzichtet allerdings auf ein Familienporträit. Er deponiert lieber ein Sortiment an Messern auf der Ablage.
Es war Morgen, zumindest ließ das die Sirene vermuten, die einen neuen Tag ankündigte. Ich war schon eine ganze Weile wach, doch lag noch immer auf dem Rücken und starrte die graue Decke an. Ich schlief nicht gut, doch was sollte es schon bringen sich darüber den Kopf zu zerbrechen? Nun jedenfalls war es endlich Zeit aufzustehen und so erhob ich mich und ging zu Kiran hinüber. Jetzt steh schon auf. Ich packte den jüngeren Mann und warf ihn aus seinem eigenen Bett raus. Mein Zimmerkollege ließ sich immer viel zu viel Zeit beim aufwachen und aufstehen. Das war der einzige Grund warum ich ihn aus dem Bett holte. Ganz bestimmt. Und nicht weil mir das die Chance gab ihn vielleicht ein paar Sekunden zumindest ein bisschen verwirrt zu sehen und das einfach süß war. Nein, nein!
Der harte Boden, auf den mein Gesicht aufschlug, riss mich unsanft aus dem Schlaf. Zu der Sirene, die den Raum bereits beschallte, gesellte sich somit ein dumpfes Wummern in meinem Kopf. Verschlafen stützte ich mich auf die Unterarme und schob schwarze Strähnen aus meiner Stirn. Mein Blick fiel auf ein Paar Füße, neben meinem Oberkörper. "Verdammt Seth! Ich hab dir gesagt, dass du das lassen sollst," schimpfte ich und richtete mich auf. Die Sirene war eine Sache, doch aus dem Bett geschmissen zu werden gehörte definitiv nicht in mein Morgenritual. Provokativ setzte ich mich im Schneidersitz zurück auf mein Bett und schenkte meinem besten Freund ein Grinsen. Sein ernster Gesichtsausdruck war mittlerweile ein fester Bestandteil meines Lebens geworden. "Na, Sonnenschein, verteilst du mal wieder gute Laune?" ich sah es überhaupt nicht ein, mich in der vorgeschriebenen Zeit am vorgeschriebenen Platz einzufinden.
Ich zog eine Augenbraue hoch und seufzte, als Kiran sich wieder auf seinem Bett platzierte. Ein winziges, kaum sichtbares Lächeln hatte meine Lippen umspielt, als Kiran so verschlafen ausgesehen hatte, doch jetzt war es wieder verschwunden und war einem etwas genervten Gesichtsausdruck gewichten. Dem Gesichtsausdruck, den ich so oft zur Schau trug. Jetzt beweg dich, du brauchst im Waschraum immer ewig. Soll ich dich nochmal aus dem Bett schmeißen? Eigentlich hatte ich anderes zu tun, als Kiran zum Dienst zu treten, ich musste noch zu Juliette um zu überprüfen ob es ihr gut ging, doch ich konnte meinen Zimmergenossen auch nicht schon wieder die Regeln verletzen lassen. Das tat er sowieso den ganzen Tag.
"Du lässt mir wirklich keine freie Minute. Irgendwann werde ich an dem ganzen Stress noch zugrunde gehen. Und du bist daran Schuld!" theatralisch lehnte ich mich zurück und legte die Hand über die Stirn, als würde ich ohnmächtig werden. Es machte mir durchaus spaß Seth ein wenig zu ärgern. Wirklich schwer machte er es mir aber auch nicht. Ich stieg wieder vom Bett und ging zum Schrank in dem meine Kleidung hing. Er hatte recht mit seiner Aussage — nicht nur beim aufstehen, sondern auch im Bad nahm ich mir gerne meine Zeit. Dass er sich aber auch immer so verantwortlich für mich fühlen muss...
Du kannst weiter jammern, wenn wir den Dienst angetreten haben. Ich untersagte es mir Kiran nachzusehen, verdrehte lieber die Augen und ging zu meinem eigenen Schrank. Ich ärgerte mich nicht wirklich, naja ein bisschen schon, aber nicht so sehr wie ich es bei anderen Leuten getan hätte. Immerhin war ich an Kirans aufmüpfige Art schon eine Weile gewohnt.
Ein Lachen erfuhr mir, während ich meine schwarze Kleidung zu unterscheiden versuchte. "Da wird sich der Leutnant aber freuen." Nach etwas hin und her fand ich was ich suchte, schnappte mir das Handtuch von der Stuhllehne, wo ich es zum trocknen aufgehängt hatte, und steuerte die Tür an. Auf dem Weg dorthin öffnete ich die Schublade meine Nachttisches und zog die Kette, sowie ein großes Messer heraus, das ich auf den Kleiderstapel in meinem Arm legte. Trotz Seths rabiater Weckaktion war meine Laune gut — also alles wie immer.
Der freut sich sowieso dich zu sehen. Ich packte meine Sachen zusammen, also alles was ich heute brauchen würde. Ich wollte nachher nur mein Handtuch zurück bringen müssen. Ich ging an Kiran vorbei um erster an der Tür zu sein und stieß sie auf. Wor sehen uns im Waschraum. Damit verließ ich unser Zimmer und steuerte das meiner Familie an. (Schlafsaal)
"Wer tut das nicht?" erwiderte ich grinsend. Ich folgte Seth durch die Tür und bog in die entgegengesetzte Richtung ab. Was genau er machte, wenn er nicht direkt zum Waschraum ging, wusste ich nicht, doch ich hatte auch noch nie gefragt. Seth war nicht die Sorte Mensch, die einem ungefragt seine Lebensgeschichte erzählte, und das schätzte ich auch an ihm. Allerdings milderte das die Neugier meinerseits nicht. Gemütlich schritt ich die leeren Gänge entlang. Leer, da alle schon im Bad zu sein schienen.
Ich durchschritt den kleinen Raum und platzierte das klatschnasse Handtuch ein wenig zu ordentlich auf dem Stuhl am Schreibtisch. Den Rest meiner Sachen warf ich unachtsam in meinen Schrank. Meine Lederjacke die, anders als der Rest meiner Kleidung, recht weit war, warf ich auf dem Weg zur Tür über eine Schulter.
DeepFrost
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23.09.2018 20:47 (zuletzt bearbeitet: 23.09.2018 21:04)
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